Volkmar

Es ist Pfingstsamstag 21018 und Volkmar und ich sitzen an der Kasse des Sonnenbad. Was treibt denn den Volkmar an diese Kasse? Und was erlebt er hier? 

Volkmar: Ja, ich bin quasi die Ersatz-Elke (lacht). Ich habe 30 Jahre oben am Becken gestanden, als Schwimmmeister. Leider bin ich erkrankt und darf den Beruf nicht mehr ausüben. Aber mein Arbeitgeber, die Stadt Karlsruhe hat sich da was einfallen lassen und mir diese Aufgabe an der Kasse angeboten. Und gerade so rechtzeitig, dass Elke mich noch einarbeiten konnte. Das hat sie sehr gut gemacht innerhalb von drei Tagen

 

Das ist also ein Neustart?

Volkmar: Ja, das ist ganz was anderes. Ab dem 4. Tag stand ich dann alleine hier und mir ist dabei ab und zu ganz schön heiß geworden.

 

(Volkmar begrüßt Vater und Sohn und schickt sie in den Badetag mit einem freundlichen „Macht's gut, Männer!!)

 

Was war das aufregendste? Die Technik, die vielen verschiedenen Leute?

Volkmar: Es ist eigentlich alles zusammen. Also zuerstmal dass ich nach dreieinhalb Jahren Krankheit wieder hier bin, und die Leute mich wiedererkannt haben. Die Arbeit hier ist natürlich ganz was anders. Hier muss man nicht aufpassen dass nix passiert, aber man muss auch unheimlich mit dem Kopf dabei sein. Rechnen, Rausgeben. Macht mir viel Spaß.

 

Und hier gibt es ja ganz schön viele Tasten und Knöpfe…, Zähler

Volkmar: Ja, genau, der Bildschirm sieht ja so klein aus. Aber da ist ja schon auf dem vorderen so viel drauf und dann gibt es noch 7 „Fächer“ unterteilt und dann muss man den Leuten gut zuhören und dann das Richtige finden. Weil es ja hier in dem Bad alles gibt. Mit Sauna, spezielle Freundeskreis-Karten, Schüler, Karlsruher Pass.

 

Wie viele kannst Du denn am Tag hier so begrüßen?

Volkmar: Die letzten 3 Tage (bei nicht so schönem Wetter) ca. 300-350

 

Ich hatte letztes Mal ca. 60 Personen gezählt, im Wasser, morgens um 10:30. Das fand ich auch schon ganz ordentlich.

 

Volkmar: Das ist Robert. (Thüringer halten zusammen.)Wir beide haben uns hier im Sonnenbad kennengelernt und haben dann festgestellt, dass wir beide aus der ehemaligen DDR stammen und 15km auseinandergewohnt haben dort und dass ich bei seinem Vater in die Lehre gegangen bin. So klein ist die Welt.

 

Also wie verrückt ist das denn? Dafür braucht man den Freundeskreis und das Sonnenbad, dass diese Begegnung. 

Robert sagt: Ich bin 52 hier in Karlsruhe geboren und 54 sind meine Eltern nach Thüringen wegen Feld und dann wurde alles enteignet und wir sind nicht mehr rausgekommen. Dann habe ich Schulzeit und Militärzeit dort verbracht und dann einen Ausreiseantrag gestellt.

 

Karlsruher Dialekt haben Sie ja nicht mitgenommen
Robert: Nein dazu war ich zu klein. Aber jetzt geht es schon wieder ganz gut. (Schwätzt kurz Badisch)

 

Wie haben sie das denn rausgefunden? Über die Sprache?

Volkmar: Roland sagte mir, das ist ein Landsmann… Und dann haben wir uns mal ausgetauscht, woher und wie und so. Und dann haben wir festgestellt, dass Robert einen Nachbarn hatte, der auch Albrecht mit Nachnamen hieß – und so sind wir draufgekommen.

 

Und sag mal, Volkmar, welchen Beruf hast Du denn dann bei seinem Vater gelernt?

Volkmar: Den Beruf wird hier niemand kennen. Der nennt sich „Meliorationstechniker“

 

Züchtung von Pflanzen?

Volkmar: Nein, eher: Zubetrieb zu Landwirtschaft, die Wasserversorgung, die Wege, usw. das haben wir damals alles gemacht.

 

Was passiert hier so über den Tag.

Volkmar: Man sieht sehr viele Menschen und die sehen mich auch. Ich habe gemerkt, sie haben ein großes Bedürfnis mit einem Kassierer zu sprechen. (Ganz anders als mit dem Bademeister)

Sie bleiben auf jeden Fall länger stehen.

 

Woran liegt das?

Volkmar: Morgens z.B. sind ja viel Stammkunden. Viele Alleinstehende, die sich gerne unterhalten. Ich nehme mir die Zeit dafür gerne (wenn es das Geschäft erlaubt – bei einer langen Schlange geht das natürlich nicht). Hier sind so viele Stammgäste. Und der Zuspruch für das Bad ist unglaublich. Ganz viele Gäste sagen morgens schon „Ach das ist hier so ein tolles Bad“ oder „Ich möchte niemals woandershin gehen müssen“ usw.

 

Gibt es denn für Dich einen Lieblingsplatz?

Volkmar: Manchmal komme ich mit meinem Enkelkind. Aber einen Lieblingsplatz habe ich nicht. Ich trinke höchstens gerne mal einen Kaffee. Ansonsten ist das ganze Bad mein Lieblingsplatz.

 

 

Das Allererste, wenn Du morgens ankommst...

Volkmar: Morgens bei Frühschicht? Ich schaue ins Biotop und füttere die Schildkröten, da komme ich sogar ein paar Minuten eher. Das gibt einen guten Start in die Arbeit. Dann schalte ich den Rechner an, zähle mein Wechselgeld und dann öffne ich das Tor, weil um 8:45 schon die Badegäste dastehen und ab 9:00 Uhr geht es dann los.

 

Gibt es noch etwas Spannendes, was Du hier im Sonnenbad erlebt hast? Vielleicht auch aus Deiner Zeit als Schwimmmeister?

Volkmar: Das war nicht so ein schönes Erlebnis – zunächst. Aber am Ende dann doch: Mir wurde zugerufen, dass in der Umkleidekabine ein Mann liegt und sich nicht bewegt, dann bin ich da hin und hab den Mann wiederbelebt und Herz-Lungen-Massage gemacht. Und ca. 1 Minute bevor der Notarzt kam hatte ich ihn „wieder“. Habe ihm dabei noch drei Rippen gebrochen. Das habe ich dann dem Notarzt erzählt. Also, dass es geknackt hat und möglicherweise was passiert ist. Der Notarzt war ganz cool und sagte: "Wenn es geknackt hat, dann haben Sie alles richtig gemacht“. Der Mann kommt heute noch hierher und schwimmt.

 

Da ist man dann glücklich, oder?

Ja hintendran dann schon. Dass alles geklappt hat. Dass man weiß, „ich kann’s wenn’s mal drauf ankommt“. Das vergisst man nie mehr. Man übt das ja jedes Jahr. Aber dass das dann auch wirklich so funktioniert hat – das war wirklich ein tolles Erlebnis. Dass ich rechtzeitig da war und das Richtige tun konnte.

 

Wenn eine gute Fee hier vorbeikäme… welche drei Wünsche fürs Sonnenbad hättest Du dann?Volkmar: 

  • Garantie, dass das Bad nie geschlossen wird.
  • Vielleicht sollte man sich mal Gedanken über die Eintrittspreise machen
  • Eine neue Technik, die ist schon recht alt. Es funktioniert zwar noch alles, aber nach dem Winter bibbert man immer ob alles wieder anläuft. Und man muss immer hoffen, dass alles passiert, was man gerne hätte. Hier ist es mehr für Technik-Freaks und es kostet sehr viel Zeit. Z.B. alleine zwei Stunden um die Filter zu spülen. Bei moderner Technik muss man da nicht dabeibleiben.

 

 

 

 

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Interview mit Volkmar
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